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Channel: Kommentare zu: Gerade eben, auf dem Holodeck
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Von: Thorsten Krämer

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(Vorab: Ich habe mittlerweile leider nicht mehr alle Kommentare und Beiträge auf der Seite hier lesen können, bitte hiermit daher um Entschuldigung, wenn ich Sachen schreibe, die anderswo schon jemand thematisiert hat.) Ich bin mir nicht sicher, ob Deleuze in diesem Fall wirklich weiterhilft. Ich sehe in US keine Mannigfaltigkeiten oder Vielheiten, auf mich macht das Buch einen monolithischen Eindruck, seine Wiederholungen stellen keine Differenz her, sondern sind vielmehr bloße Instanzen derselben Identität, seine Zahl ist die Eins, es ist viel eher autistisch als schizophren. Ein Beispiel: Die Episode, in der Hal den Schimmel isst, wird einmal ganz zu Anfang erzählt und später noch einmal in der Fußnote mit dem Transkript eines Interviews mit Orin. Diese Wiederholung liefert aber keine neue Perspektive, sie hat nicht die Wirkung, dass plötzlich eine andere Wahrheit aufscheint und also das Konzept der Wahrheit insgesamt infrage gestellt wird (was das Verfahren der Moderne wäre). Vielmehr entsteht, zumindest bei mir, durch diese Art der Wiederholung der Eindruck, dass diese Anekdote <i>immer schon</i> eine Anekdote war. Jede neue Wiederholung bestätigt nur wieder das Fehlen eines Grundes, insofern könnte man vielleicht sagen, dass der Roman sich fast schon an ein mythisches Denken anlehnt. Der Autismus äußert sich z.B. in dem zwanghaft exakten Beschreiben der dinglichen Welt, während alles, was mit Gefühlen verbunden ist, eine sekundäre Rolle spielt. Dass sich das "Ich bin hier drin" Hals auch als Ausdruck eines Locked-In-Syndroms lesen lässt, wurde hier ja schon gesagt, soweit ich das überblicke. Eine zerknitterte, verformte Zeit stelle ich mir als Folge einer Kraftwirkung vor, eine solche Dynamik oder Fluktuation finde ich aber nicht in dem Buch. Die Zeit hier ist nicht manipulierbar, weder reversibel noch irreversibel, sie findet gewissermaßen gar nicht statt. Stattdessen: Nonlokalität, identische Information ohne Informationsübertragung. Es ist doch nicht so, dass sich die Zeit plötzlich <i>öffnen</i> würde, dass Blicke oder gar Passagen frei würden auf andere Zeiten, all diese Begrifflichkeiten implizieren ja immer Bewegungen, aber gerade die sind im Roman ja verstellt. Kurz gesagt: Deleuze stellt ja immer auch die Frage nach dem <i>Möglichen</i>, aber in US ist nichts möglich.

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